Die Klausurtagung am Samstag bot uns Ratsmitgliedern nochmals die Gelegenheit, über die aktuelle Situation rund um den Bau eines neuen Rathauses mit einem Dorfgemeinschaftshaus zu diskutieren. Grundlage dieser Debatte war eine Aufführung aller möglichen Varianten. Bedingt durch den Rückzug der Kirche herrschte unter den Ratsleuten mehrheitlich Einigkeit darüber, dass man sich zwischen der ursprünglich geplanten Bauform sowie einer gekürzten Variante entscheiden müsse. Die erste Varianten sieht eine Nutzungsänderung der nun frei gewordenen Flächen vor. Variante 2 bringt ein verkleinertes Gebäude mit sich, bei der die Räumlichkeiten die ursprünglich von der Kirche in Anspruch genommen worden wären, gar nicht erst gebaut werden sollen. Dadurch würden rund 665.000 € eingespart werden.
Auf diesen letzten Metern bis zur Entscheidung auf der Ratssitzung am 17. Februar positioniert sich die Fraktion UWG Cappeln mehrheitlich für die erste Variante und favorisiert eine Nutzungsänderung der frei gewordenen Räumlichkeiten. Aus Sicht der UWG wird mit dem geschaffenen Leerstand eine moderne Immobilie mit ca. 190 m² Nutzfläche angeboten, die das Interesse von private Investoren oder Behörden weckt. Für das Ziel der Ortskernbelebung ist diese Variante ebenso von erheblicher Bedeutung. Die UWG meint, dass sich nur durch neue Konzepte und der Ansiedlung von Gewerbe und / oder Behörden der Ortskern ansatzweise mit Leben füllen lässt. Zudem bildet sich durch eine direkte Fertigstellung des Gebäudes eine gute Ausgangsposition für die weitere, städtebauliche Entwicklung in Richtung Marktplatz, welche Bestandteil des Wettbewerbes gewesen ist und erste Entwürfe im Rahmen des Architektenwettbewerbes den Bürgern im Juli vorgestellt wurden. Variante 2 ist laut Planungskonzept zwar günstiger, schießt aber am Ziel der dringend gewünschten Ortskernsanierung vorbei. Günstiger heißt nicht gleich gespart. Mit der großen Variante hätte man ein finanziell wertigeres Gebäude als mit Variante zwei. Im Grunde hätte man mit Variante zwei dieselbe Situation wie jetzt nur an einem anderen Standort: Kein Angebot für die Entwicklung von Gewerbe oder Bürgerangebote, ein zu kleines Gebäude auf einem teuren Grundstück. Rechnet man mit einer Finanzierung von 30 Jahren würden für die erste Variante im Jahr rund 22.000 € plus Zinsen mehr benötigt werden – die im Übrigen durch Mieteinnahmen wieder amortisiert werden können. Wenn man dann noch überlegt, dass das Gebäude für mehrere Generationen gebaut wird, sind diese Mehrausgaben aus Sicht der UWG ein vertretbarer Mehrwert, wenn man überlegt was das für die Entwicklung des Ortskernes auf Jahrzehnte bedeuten könnte. Erste Signale für eine behördliche Nutzung gibt es zum Beispiel seitens der Polizei. Die kann sich sehr gut vorstellen im Ortskern präsent zu sein – so wie es in vielen anderen Kommunen auch der Fall ist. Eine Bereitschaft dazu lag der Gemeindeverwaltung schon vor Beginn der Planungen schriftlich vor.
Viele kürzlich gebaute, öffentliche Gebäude stoßen schon heute wieder an ihre Grenzen. Dazu braucht man nicht weit fahren. Der Landkreis Cloppenburg muss kurz nach dem Anbau schon wieder über
neue Büros nachdenken und auch die Gemeinde Bakum hat mit ihrem Rathaus, welches 1982 bezogen wurde heute erhebliche Platzprobleme und baut neu. Auch in der Gemeinde Cappeln zeigt sich am Neubau
des Kindergartens in Sevelten rückblickend, dass kurzsichtige Planungen nachträglich viele Millionen Euro zusätzlich kosten können.
Gedanken für die Ansiedlung eines privaten Investors, der neben dem verkleinerten Gebäude dann sein privates Gebäude anbaut, sieht die UWG kritisch. Hier ist nicht sichergestellt, dass sich die
vom Investor geplante Immobilie sowohl von der Optik als auch vom gewerblichen Angebot in den neuen Ortskern integrieren lässt. Jegliche Kontrolle über die Entwicklung des Angebotes würde man
hier in private Hände legen. Weiter ist nicht sichergestellt, wann ein Privater die Baumaßnahmen beginnen würde und ob sich die Immobilie weitestgehend mit dem Hauptobjekt verbinden lässt.
Solange die Gemeinde die Kontrolle behalten kann, sollte sie dies aus Sicht der UWG auch dringend tun.
Bildhaft vergleicht UWG-Ratsherr Peter Willenborg die bewusste Schaffung des Leerstandes mit dem Bau eines Einfamilienhauses: „Ein junges Paar, welches sich in der Familienplanung befindet und
noch kinderlos ein Haus baut, wird die Kinderzimmer auch nicht erst dann anbauen, wenn die Kinder da sind. Hier werden in aller Voraussicht auch leerstehende Zimmer für den Nachwuchs mit
eingeplant.“
Von der UWG hätte man sich gewünscht, dass die Informationen über die möglichen Varianten unparteiisch direkt aus dem Rathaus kommuniziert worden wären, so wie es der Rat vor zwei Jahren auf der Klausurtagung besprochen hat. Politische Aktivitäten aus den Fraktionen im Rahmen der Dorfentwicklung sollten möglichst zurückgehalten werden um das Gemeinwohl im Fokus behalten zu können.
Jede individuelle Meinung und jeden persönlichen Geschmack kann man nicht treffen, jeder sollte zum Wohle der Gemeinde entscheiden.